Grundlagen Pflanzenkohle

Pflanzenkohle, auch als Biokohle bekannt, ist ein kohlenstoffreiches Material, dass durch die pyrolytische Umwandlung von pflanzlicher Biomasse unter sauerstoffarmen Bedingungen hergestellt wird. Dieser Prozess, bekannt als Pyrolyse, führt zur Bildung eines stabilen und porösen Kohlenstoffgerüsts. Aufgrund ihrer spezifischen Eigenschaften kann Pflanzenkohle für die unterschiedlichsten Anwendungen eingesetzt werden. Zudem dient sie als langfristiger Kohlenstoffspeicher (>1.000 Jahre), der dazu beitragen kann den CO2-Gehalt in der Atmosphäre zu reduzieren und so dem Klimawandel entgegenzuwirken.

GRUNDLAGEN

Durch die Photosynthese werden jährlich etwa 123 Petagramm (= 123 Milliarden Tonnen = 123 x 109) Kohlenstoff, in Form von CO2, von der terrestrischen Biosphäre fixiert. Dieser Prozess ist wesentlich für das Leben auf der Erde, da er nicht nur Sauerstoff produziert, sondern auch die Grundlage für die Bildung organischen Materials bildet.

Etwa die Hälfte des durch Photosynthese fixierten Kohlenstoffs wird von den Pflanzen wieder freigesetzt (autotrophe Respiration). Diese Respiration ist notwendig für das Wachstum und die Energiegewinnung der Pflanzen und führt dazu, dass der in der Photosynthese aufgenommene Kohlenstoff teilweise wieder als CO2 in die Atmosphäre zurückkehrt. Die andere Hälfte der fixierten Kohlenstoffmenge bleibt in Form von Biomasse erhalten und stellt die globale Nettoprimärproduktion (NPP) dar. Diese Biomasse umfasst alle organischen Materialien die von Pflanzen produziert werden einschließlich Blättern, Holz, Wurzeln und Früchten. Die NPP ist ein entscheidender Faktor für die Nahrungsketten und die Biodiversität terrestrischer Ökosysteme und bildet die Grundlage für das Leben auf der Erde.

Bisher  wird lediglich ein winziger Teil der zur Verfügung stehenden Biomasse zur Herstellung von Pflanzenkohle  genutzt. Obwohl der Anteil im Vergleich zur gesamten Biomasse gering ist, leistet die Produktion von Pflanzenkohle einen wichtigen Beitrag zur Decarbonisierung. Durch die Fixierung des Kohlenstoffs in einer stabilen Form (Pflanzenkohle) kann verhindert werden, dass der Kohlenstoff durch natürliche Prozesse wie Kompostierung oder Verbrennung wieder als CO₂ freigesetzt wird.

Mehr und mehr rückt das Thema der Nutzung von Pflanzenkohle als eine sinnvolle Mitigation zur Bekämpfung der CO2-Emissionen in den Fokus unserer Gesellschaft. Durch die Vielseitigkeit des Materials gibt es eine Vielzahl möglicher Anwendungsbereiche darunter die Landwirtschaft, Umwelttechnik, Lebensmittel- und Baustoffindustrie. In Deutschland, Österreich und der Schweiz werden nach Experteneinschätzungen bisher rund 90 % der gehandelten Pflanzenkohle in der Landwirtschaft eingesetzt.

Nicht nur der Einsatz als Bodenverbesserer (Terra Preta), welche der Pflanzenkohle in der heutigen Zeit zu einem neuen Gesicht verholfen hat, auch andere, zum Teil längst vergessene Einsatzmöglichkeiten, verhalfen dem Kohlenstoff zu einem neuen Image.

So wird Pflanzenkohle aktuell entweder über die Tiere (Futterkohle) und Biogasanlagen (Biogaskohle) im Boden (Bodenkohle) oder auch als Baustoffadditiv über einen sehr langen Zeitraum fixiert.

Wir entziehen somit der Atmosphäre aktiv CO2. Dieses Prinzip der CO2-Ausschleusung aus der Atmosphäre wird als PyCCS (Pyrogenic Carbon Capture and Storage) bezeichnet. PyCCS beschreibt die Möglichkeit mittels Pyrolyse Kohlenstoff abzuscheiden und so zu speichern, dass er nicht mehr in die Atmosphäre zurück gelangt. PyCCS gilt als eine Form von Negativemissionstechnologie (NET). Ein entscheidender Vorteil von PyCCS im Vergleich zu anderen NETs besteht darin, dass es technisch ausgereift und verfügbar ist. Im Gegensatz zu einigen anderen Ansätzen benötigt PyCCS keine komplexen technologischen Entwicklungen oder neue Infrastrukturen, um effektiv eingesetzt zu werden. Durch die direkte Umwandlung von Biomasse in Kohlenstoff und seine dauerhafte Bindung in Boden oder anderen Materialien leistet PyCCS einen wichtigen Beitrag zur Decarbonisierung.

Pflanzenkohle wird durch die thermochemische Umwandlung von pflanzlichem Material wie Holz, Stroh oder Pflanzenresten, hergestellt. Der Prozess der Pflanzenkohleherstellung wird auch Carbonisierung (Pyrolyse) genannt und erfolgt bei hohen Temperaturen unter Abwesenheit von Sauerstoff. Dies führt dazu, dass das organische Material nicht vollständig verbrannt wird, sondern stattdessen in poröse Kohlenstoffstrukturen umgewandelt wird. Feinste Poren (Mikro-, Meso- und Makroporen) verleihen der Pflanzenkohle ihre adsorptiven und vielfältigen Eigenschaften. Durch ihre poröse Struktur bietet sie eine große Oberfläche für chemische Reaktionen und Interaktionen mit anderen Substanzen. Aufgrund elektrochemischer Prozesse und den in den Poren herrschenden „van der Waals-Kräften“ werden Ionen adsorbiert und wieder abgegeben. Diese Mechanismen ermöglichen es der Pflanzenkohle Schadstoffe, Schwermetalle und andere Verunreinigungen zu binden. Die poröse Struktur ermöglicht es der Pflanzenkohle zudem eine beträchtliche Menge an Feuchtigkeit, einschließlich der darin gelösten (Pflanzen-)Nährstoffe aufzunehmen und bei Bedarf wieder freizugeben. Diese Fähigkeit zur Feuchtigkeitsregulierung ist insbesondere in der Landwirtschaft von besonderem Nutzen, da sie dazu beiträgt die Bodenfeuchte zu erhalten und somit Austrocknung und damit einhergehender Erosion zu mindern. Diese Eigenschaft macht Pflanzenkohle zu einem wertvollen Hilfsstoff  für die Bodenverbesserung und zur Steigerung der Wasserhaltefähigkeit.

-Landwirtschaft-

In der Veterinärmedizin wird Pflanzenkohle (Holzkohle) seit vielen Jahrhunderten eingesetzt. Die enorm große Oberfläche der Kohle von bis zu 500 m²/ g führt dazu, dass in den feinen Poren der Pflanzenkohle Schadstoffe eingelagert werden (Adsorption). Die in diesen Zwischenräumen herrschenden Kräfte führen zu einer dauerhaften Fixierung von Gift- und Schadstoffen, die mit der Nahrung aufgenommen worden sind. Diese durch die Pflanzenkohle gebundenen Toxine werden auf dem normalen Weg ausgeschieden.

Ebenso wie die veterinärmedizinische Anwendung hat auch der bodenbezogene Einsatz von Pflanzenkohle eine lange Vergangenheit. Einer der Hauptvorteile des bodenbezogenen Einsatzes von Pflanzenkohle liegt in ihrer Fähigkeit, Bodenfruchtbarkeit und Nährstoffretention zu verbessern. Pflanzenkohle besitzt, wie bereits vorstehend erwähnt poröse Struktur, die eine hohe spezifische Oberfläche aufweist. Diese Eigenschaft ermöglicht es, Nährstoffe, Wasser und Mikroorganismen im Boden zu binden und zu stabilisieren, was wiederum zu einer besseren Nährstoffversorgung der Pflanzen führt. Darüber hinaus kann Pflanzenkohle die Bodenstruktur verbessern, das Wasserrückhaltevermögen erhöhen und die Erosion verringern, was insgesamt zu einer nachhaltigen Bodenbewirtschaftung beiträgt. Obendrein kann der Einsatz von Pflanzenkohle auch zur Verringerung des Bedarfs an mineralischen Düngemitteln beitragen, da die verbesserte Bodenfruchtbarkeit und Nährstoffretention zu einer effizienteren Nutzung der vorhandenen Nährstoffe führt. Dies hat für Landwirte sowohl ökologische wie auch wirtschaftliche Vorteile.
Durch die Einbringung von Pflanzenkohle in den Boden wird Kohlenstoff langfristig gebunden, was zur Reduzierung der CO2-Emissionen beiträgt und somit einen positiven Beitrag zur Decarbonisierung leistet. Dieser Prozess wird als Kohlenstoffsequestrierung (dauerhafte Fixierung) bezeichnet und kann dazu beitragen, die Auswirkungen des Klimawandels zu mildern.

Ein außergewöhnlich effizienter Einsatz der Pflanzenkohle in der Landwirtschaft ist in der Wirkkaskade Tier, Biogas und Boden zu sehen. Die Pflanzenkohle wird dabei in die Silage eingemischt. Die fermentativen Prozesse dort werden beschleunigt. Die Silagequalität wird verbessert. Mit dem Futter gelangt die Pflanzenkohle in den Magen-/Darmtrakt der Tiere (oder Biogasanlage) wo vorhandene Toxine adsorbiert werden. Die Gülle aus den Ställen ist mit Pflanzenkohle angereichert und weist dadurch verbesserte Wirkungen und eine gesteigerte Nährstoffretention auf.

In Deutschland stellt die Düngemittelverordnung, DüMV (S. 77 Punkt 7.1.10) die Grundlage für den Einsatz von Pflanzenkohle in Biogasanlagen und im Boden dar.

-Baustoffe-

Neben der „klassischen“ Anwendung von Pflanzenkohle in der Landwirtschaft oder Garten- und Landschaftsbau kann Pflanzenkohle auch in der Industrie Verwendung finden. Adsorptionsfähigkeit, Leitfähigkeit und Farbe sind wichtige Eigenschaften die Pflanzenkohle für verschiedene Anwendungen interessant machen.

Bedingt durch intensive Aktivitäten im Bereich Forschung und Entwicklung, die in den vergangenen Jahren eingesetzt haben, werden zunehmend neue Anwendungsmöglichkeiten in Baustoffen geschaffen. Das Ziel CO2-neutraler Baustoffe vor Augen widmet sich die Team Nachhaltigkeit, seit geraumer Zeit, der Klassifizierung und Optimierung von Pflanzen- und Synthesekohlen (Carbonisate), um diese als erschwinglichen und wirkungsvollen Zusatz für die Baustoffindustrie nutzbar zu machen.